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Bauen im Rutschgebiet – Neue Praxishilfe

Das Risiko von Rutschungen im Baugebiet wird oft unterschätzt; besonders, wenn das fragliche Gebiet laut Naturgefahrenkarte eine "geringe Gefährdung" aufweist. Was die Gefahrenstufen wirklich bedeuten, warum Bauvorhaben auf vermeintlich harmlosem Gelände tückisch sind und wie Bauherrschaften böse Überraschungen vermeiden können, darüber gibt die Praxishilfe "Bauen im Rutschgebiet" Auskunft.

Ein sanft geneigtes Baugebiet, eine laut Naturgefahrenkarte geringe Rutschgefahr und eine Baubewilligung ohne spezielle Auflagen was soll da schon schiefgehen? Die Bauherrschaft beginnt ohne die empfohlene geologische Abklärung mit dem Aushub der ersten BaugrubeSo der Anfang eines Horrorszenarios, das für die Betroffenen in Millionenverluste und ein nicht enden wollendes juristisches Nachspiel mündet. Es entstammt einem der Fallbeispiele, mit denen eine neu erschienene Praxishilfe die Risiken des Bauens im Rutschgebiet erläutert.

Weich wie ein Kuhfladen

Das Risiko beim Bauen auf einem "schlafenden" Rutschgebiet wird gern unterschätzt. Denn die betreffenden Hänge sehen oft harmlos aus, etwa weil sie nicht besonders steil sein müssen. Doch kann eine geringe Hangneigung auch auf einen weichen oder mürben Untergrund hinweisen, der gar kein steiles Gelände bilden kann "wie ein Kuhfladen", wie die Praxishilfe anschaulich bemerkt. An der Oberfläche nicht sichtbar sind ausserdem die Wasserverhältnisse im Untergrund, die durch einen baulichen Eingriff ungünstig verändert werden können.

Eine ungünstig platzierte Baugrube kann eine weiträumige Rutschung auslösen (Fallbeispiel aus Praxishilfe, vereinfacht)

Bauvorhaben in gelben Gebieten sind tückisch

Ein weiterer Grund, das Risiko von Rutschungen zu unterschätzen, ist die falsche Interpretation der Gefahrenkarte, insbesondere der gelb markierten Hinweisbereiche: Da dort gemäss Karte eine "geringe Gefährdung" vorherrscht, halten manche Bauherrschaften eingehende geologische Abklärungen für unnötig. Zu Unrecht, denn die Entwarnung gilt nur für den ungestörten Zustand. Bauarbeiten können das bestehende Gleichgewicht stören und einen vermeintlich stabilen Hang jäh ins Rutschen bringen. Mitunter werden dabei bestehende Gebäude und Infrastruktur in Mitleidenschaft gezogen.

Bauarbeiten können einen vermeintlich harmlosen Hang ins Rutschen bringen.

Trotz erheblichem Gefahrenpotenzial bewilligen Baubehörden vielfach Bauvorhaben in der gelben Zone ohne verbindliche Auflagen. In der Folge wird oft auf die nötigen Abklärungen verzichtet. Dringende Empfehlungen werden ignoriert, man will die Risiken nicht wahrhaben. Das ist verständlich, sind doch geologische Untersuchungen und Überwachungen zeitraubend und teuer. Der Aufwand steht jedoch in keinem Verhältnis zu den möglichen Schäden. Denn es drohen nicht nur hohe Kosten, sondern auch oft grosser Stress und existenzielle Sorgen für die Betroffenen.

Best Practice für Bauvorhaben

Um Behörden und Bauherrschaften für die Risiken des Bauens im Rutschgebiet sensibilisieren, hat das Bundesamt für Umwelt BAFU im September 2023 die neue Praxishilfe herausgegeben. Sie erklärt die Zusammenhänge in verständlicher Form und zeigt das richtige Vorgehen zur Eindämmung des Risikos auf. Im Grunde geht es darum, ausgewiesene Rutschgefahren ernst zu nehmen und fachkundigen Rat zu beherzigen. Für die Bauherrschaften gilt es, mit Hilfe erfahrener Fachleute den Baugrund gründlich zu prüfen, die nötigen Vorkehrungen zu treffen und den Bauprozess geologisch zu überwachen. Die Behörden andererseits sind angehalten, mit entsprechenden Auflagen diese Best Practice zur Schadensminimierung einzufordern. Ein Anhang zur Praxishilfe liefert zusätzlich Informationen für Fachleute, welche die Planung und Begleitung von Bauvorhaben erleichtern.

Halten sich alle Beteiligten an die Regeln, so lässt sich das Schadensrisiko auf ein akzeptables Mass vermindern. Diesen wünschenswerten Zustand illustriert die Praxishilfe mit drei Positivbeispielen. Sie tönen so unspektakulär, wie man sich ein Bauprojekt wünscht: «Die Arbeiten verliefen ohne nennenswerte Probleme und der Neubau wurde fertig gestellt.» Schön, wenn sich ein komplexes Unterfangen auf anspruchsvollem Baugrund so zusammenfassen lässt.

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